Die Auswirkungen des Coronavirus
Das Coronavirus bestimmt alles. Die öffentlichen Debatten, das Familienleben, die wirtschaftlichen Aussichten. Und es verändert an vielen Stellen die Kommunikation sowie das Verhalten der Konsumenten. Wie stark das passiert, zeigt erstmals die Studie „Wirksame Kommunikation in Krisenzeiten“. Es ist ein Mammutwerk voller Daten und Informationen, mit Blick auf die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz. Initiiert und vorgenommen hat die Analyse die Schweizer Management und Marketing-Consulting-Firma Accelerom, die Unternehmen bei der Umsetzung von Strategien und Kampagnen ganzheitlich berät. Zudem war Media for Excellence aus Frankfurt mit an Bord. Ein erster Auszug liegt HORIZONT exklusiv vor.
Die Bedeutung von unerwarteten Touchpoints in der Krise
Die drei Länder, die in vielen Unternehmen als Region geführt werden, gehen in der Covid-Krise einen eigenen Weg. Das Spannende dabei ist:
„Wir sehen in allen drei Ländern Touchpoints, die man normalerweise in einer Kommunikationsstrategie nicht im Blick hat, die trotz geringer Reichweite viel leisten und denen die Menschen eine hohe Relevanz und damit Wirksamkeit zuweisen“, sagt Christof Baron, Inhaber von Media für Excellence. Das gilt etwa für Ärzte. „Die Mediziner verfügen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verglichen mit anderen Touchpoints eher über eine geringe Reichweite. Andererseits hat die Berufsgruppe eine überproportional hohe Relevanz, wie auch die Website der WHO. Beides sind Touchpoints, die eigentlich wesentlich stärker für Krisenkommunikation aktiviert werden sollten“, sagt Christoph Spengler, Managing Director von Accelerom. „In einer Krise folgt Kommunikation immer anderen Regeln als die klassische Absatzkommunikation, aber die Mechanik ist identisch“, ergänzt Baron. „Dies dokumentiert auch sehr deutlich, wie wichtig es ist, ein gesamthaftes Verständnis hinsichtlich der Funktion und Wirkung einzelner Touchpoints im Rahmen der Customer Journey zu haben: eine Grundvoraussetzung für eine effektive und effiziente Marktbearbeitung.“
Hohe Werte bei der Reichweite und der Kompetenz weisen Empfehlungen von Behörden wie dem Robert-Koch-Institut, den omnipräsenten Virologen und den Regierungen auf. Dabei erreicht die Schweizer Regierung mit 93 Prozent den Spitzenwert, gefolgt von Österreich mit 89 Prozent. Im Vergleich dazu schwächelt Deutschland mit 84 Prozent etwas. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen das föderale System der Bundesrepublik. Zum anderen die nicht immer konsistente Kommunikation, etwa bei der Debatte um mögliche Lockerungen.
Ebenso genießen die öffentlich-rechtlichen Sender in allen drei Ländern einen extrem hohen Stellenwert. „Die Kombination Regierung und öffentlichrechtlicher Rundfunk sind für den Reichweitenaufbau und die Informationsvermittlung eine nahezu perfekte Kombination“, sagt Baron. Die Sender sind täglich mit Sondersendungen und Expertenrunden präsent und haben sich im Rahmen der Krisenkommunikation eine Deutungshoheit erarbeitet. Und es gibt noch einen dritten Grund: „Die privaten Sender nutzen nicht die Chance, sich hier zu profilieren“, sagt Baron.
Veränderungen in der gesellschaftlichen Werthierarchie
Fragt man die Menschen im DACH-Raum, wie die Krise ihre persönliche, zukünftige wirtschaftliche Perspektive beeinflusst, gehen alle von einer negativen Entwicklung aus. Vor allem die Deutschen sind skeptisch. 33 Prozent der Befragten erwarten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation, die German Angst ist zurück. Noch wichtiger sind zwei andere Erkenntnisse beim Blick in die Daten. Bei den Unter-30-Jährigen ist die Einschätzung hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven noch leicht positiv, danach ändert sich das Bild. „Die Älteren haben massiv Angst vor dem Absturz“, sagt Baron. Er sieht noch eine Tendenz, die auch zuletzt G+J-Chefin Julia Jäkel thematisiert hatte: Die Krise holt alte Geschlechterrollen aus der Mottenkiste. „Die Krise trifft stärker jüngere Frauen bis 40 Jahre, die einen Verlust von Einkommen und Eigenständigkeit befürchten“, sagt Experte Baron.
Der negative Ausblick bleibt nicht ohne Folgen. In der DACH-Region gewinnen bei den Konsumenten Themen an Bedeutung, die existenzieller Natur sind, wie Sicherheit, Gesundheit und Solidarität. Da muss selbst das Hype-Thema Umweltschutz zurückstecken. Gleichzeitig aber verlieren Macht, Status und Ansehen an Wichtigkeit. „Die Menschen werden anders konsumieren“, prognostiziert Baron. Vor allem für die Luxusindustrie, die Auto- und die Modebranche sind das keine guten Aussichten.