Navigieren im Hochrisiko-Umfeld
Sei es beim Eintritt in einen neuen Markt, einer Produkteinführung oder der Optimierung von bestehenden Massnahmen: Der Misserfolg von Strategien und Kampagnen ist in diesen Tagen wahrscheinlicher denn je. Diese hohe Floprate überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass heute bereits mittelgrosse Unternehmen weit über 200 Touchpoints managen – während der Kunde meist nur mit einem Bruchteil eben dieser in Kontakt kommt. Dies führt unweigerlich zu Streuverlusten in der Marktbearbeitung.
Entsprechend kommen – plakativ gesprochen so sicher wie das Amen in der Kirche – regelmässig folgende Fragen auf und bleiben (leider) immer noch zu häufig unbeantwortet:
- Wird auf die richtigen Touchpoints respektive Massnahmen gesetzt?
- Kommunizieren wir die relevanten Inhalte überzeugend und verständlich?
- Wird ausreichend investiert, damit die Massnahmen überhaupt wahrgenommen werden und eine Wirkung erzielt werden kann?
Drei-Stufen-Modell der erfolgreichen Kundenzentrierung
Kein Unternehmen kann sich einfach von jetzt auf gleich in eine kundenzentrierte Organisation verwandeln. Diese Transformation ist tiefgreifend, vielschichtig und beeinflusst die verschiedensten Dimensionen – die Unternehmenskultur, die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die technische Prozessgestaltung und viele weitere Aspekte mehr. Mit dem hier vorgestellten Drei-Stufen-Modell der Kundenzentrierung bieten wir eine Strukturierungshilfe auf dem Weg der Transformation und zeigen konkrete Ansatzpunkte auf, wie sie gelingen kann.
Abbildung 1: Denken, messen oder steuern: In welcher Performancestufe befindet sich Ihr Unternehmen?
1. Denken: Das Unternehmen auf ein gemeinsames Ziel einschwören
Touchpoints und Customer Journeys sind Dreh- und Angelpunkte in der Marktbearbeitung – und damit auch im Transformationsprozess hin zur gelingenden Customer Centricity. Viele Unternehmen agieren heute eher selbstzentriert und sehen Kunden als Objekte, die durch Prozesse geschleust werden. Vergessen wird dabei oft der Blick durch die Brille des Kunden: Wie nimmt eigentlich der Kunde – als Individuum mit Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen – die Interaktion mit dem Unternehmen wahr?!
In einem ersten Schritt muss also eine kundenorientierte Denkweise im gesamten Unternehmen verankert werden. Die Betonung liegt dabei auf «EINE kundenorientierte Denkweise» - die zentrale Herausforderung auf dieser Stufe besteht darin, ein Alignment zwischen den unterschiedlichen Abteilungen – Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung, Service Center etc. – aber auch auf den einzelnen Hierarchieebenen – Manager und Mitarbeiter – zu erreichen.
Klingt bis hierher alles erstmal einfach, aber: Damit Customer Centricity in der Praxis eine Chance haben kann, braucht es auch klare Zuständigkeiten und Kompetenzen. Nicht selten ist dies der erste Stolperstein. Ein Customer Journey Manager, ein Customer Touchpoint Manager oder ein Customer Experience Manager sollte diesen Hut tragen und es zu seiner Mission machen dafür zu sorgen, dass Kundenprozesse rund laufen und Kundenerlebnisse Begeisterung auslösen.
Hat sich das Unternehmen auf eine gemeinsame Linie geeinigt, ist es Zeit für einen Blick auf den Kunden. Denn vergleicht man diese Innensicht mit der Aussensicht (so, wie es die Kunden sehen), wird schnell klar, dass hier grosse Unterschiede bestehen. Unsere Untersuchungen belegen: Nur sechs von zehn Touchpoints werden vom Unternehmen (Innensicht) deckungsgleich mit der Kundensicht (Aussensicht) eingeschätzt. Dies zeigt: Eine erfahrungsbasierte Beurteilung reicht hier nicht aus.
Erfolgsfaktoren
- Notwendigkeit der Veränderung erklären: Welche Vorteile hat Kundenzentrierung im Arbeitsalltag? Was nützt ein abteilungsübergreifendes, einheitliches Kundenverständnis?
- Veränderungen emotional positiv besetzen: Die Arbeit mit Kunden, die sich abgeholt und verstanden fühlen, macht einfach mehr Spass (und ist erfolgreicher).
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Klare Verantwortlichkeiten schaffen durch Ernennung eines «Customer Experience Managers».
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In der gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Kunden und seinem Kundenerlebnis (z.B. im Rahmen eines Customer Journey Mapping) nicht einfach Prozesse visualisieren, sondern das tatsächliche Kundenverhalten abbilden.
2. Messen – Wirkungstransparenz herstellen
Was verbessert werden soll, muss gemessen werden! Entsprechend besteht die Herausforderung im nächsten Schritt darin, Daten als Entscheidungsgrundlage zu erfassen. Heutzutage ist das Sammeln von Daten– z.B. über Google Analytics, das unternehmenseigene CRM, den eigenen Onlineshop – so leicht wie nie zuvor und auch die Analyse der Entwicklung von ausgewählten Leistungsindikatoren im Zeitverlauf ist problemlos möglich. Entsprechend hat man ein Gefühl dafür, was beim Kunden gut ankommt und was weniger, wo die Pain und Pleasure Points liegen und welche Touchpoints ganz gerne genutzt werden.
Allerdings: Welcher Touchpoint performt eigentlich wie gut? Finden meine Kunden die Plakatkampagne besser, oder ist es doch die Interaktion mit dem Kundencenter? Dieser Vergleich kann nur dann sinnvoll angestellt werden, wenn die Leistung dieser unterschiedlichen Touchpoints mit derselben Metrik gemessen wird.
Das fehlende Gesamtbild macht die Erfolgssteuerung von Strategien und Massnahmen nahezu unmöglich und die Gefahr einer Trial-and-Error-Herangehensweise und einer Fehlinterpretation von Ergebnissen ist noch immer nicht gebannt.
Erfolgsfaktoren
- Einheitliche Währung: Klicks sind schwer vergleichbar mit einem fünf-stufigen Zufriedenheitsrating. Das Ziel müssen daher vergleichbare Leistungsindikatoren sein.
- Big Picture: Das vollständige Touchpoint-Universum von bestehenden oder potentiellen Kunden ist relevant – es sollten bereits vom Unternehmen gemanagte Kundenkontaktpunkte, von Mitbewerbern genutzte Touchpoints, sowie neu etablierte Interaktionsmöglichkeiten auf dem Markt mitberücksichtigt werden. Der Fokus sollte nicht nur auf «einfach auswertbaren» Online-Touchpoints wie Page Impressions der Unternehmenswebseite liegen, sondern auch auf weniger leicht messbaren Touchpoints wie Interaktionen mit Beratungspersonal.
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Single source-Daten erlauben bessere Aussagen – Mediennutzungsreichweiten und Käuferreichweiten sollten nicht gleichgesetzt werden.
3. Steuern: Die besten Umsetzungslösungen für die Erreichung eines Ziels bestimmen
Durch die auf der vorherigen Stufe thematisierte Messung von Leistungsindikatoren kann Wirkungstransparenz hergestellt werden – aber wie Effizienz und Effektivität in der Marktbearbeitung erreicht werden können, ist bis anhin noch offen. Bei der Frage nach Effizienz und Effektivität schwingt natürlich mit, dass ein Gesamtbild gesucht wird. Touchpoints sollen nicht mehr nur isoliert betrachtet werden, sondern ihr Zusammenwirken ist das, was zählt. Die Suche nach dem «idealen Touchpoint-Mix» ist also die Herausforderung dieser letzten Stufe.
«Wer sein Ziel nicht kennt, für den ist jeder Weg der falsche» sagt ein bekanntes Sprichwort, das auch hier Anwendung finden kann. Um ein Ziel ansteuern zu können, muss ich wissen, was dieses Ziel eigentlich ist. Antworten auf die folgenden Fragen beschreiben das Ziel ganz konkret:
- Was möchte ich erreichen? Aufmerksamkeit generieren? Kauf oder Handlung auslösen? Fans gewinnen?
- Wen möchte ich ansprechen? Die Jungen oder die Alten? Die Sparsamen oder die Geniesser?
- An welche zeitliche Auflösung denke ich? Einmalig? In einem monatlichen Rhythmus?
Vor dem Hintergrund dieses klaren Ziels kann analysiert werden, welcher Mix von Touchpoints bestmöglich geeignet ist, um es zu erreichen. Das ist allerdings keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sich allein bei 80 Touchpoints bereits 1024 Kombinationsmöglichkeiten ergeben. Einen Ausweg bieten hier smarte Algorithmen.
Ob die ideale Lösung dann eins zu eins in der Praxis umgesetzt werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Hier muss selbstverständlich ein Abgleich mit den Rahmenbedingungen im Unternehmen vorgenommen werden und es kann sein, dass der ideale Mix so nicht umsetzbar ist. Aber so oder so: Mit diesem Vorgehen erhalte ich überhaupt einmal ein Gefühl dafür, was gut wäre, und kann mein Handeln auf dieses Ziel hin ausrichten – und das ist in jedem Fall besser, als im tiefsten Nebel mit einer Sonnenbrille auf der Nase ein Schiff durch einen Schärengarten zu lavieren.
Erfolgsfaktoren
- Eine klare Vorstellung der eigenen Ziele haben
- Realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten: Welche und wie viele Touchpoints können aktiv bewirtschaftet werden, z.B. aufgrund von Zeit, Kompetenzen etc.?
- Abgleich des idealen Touchpoint-Mixes mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens – will das Unternehmen digitaler werden, ist zu diskutieren, ob es sinnvoll ist das knappe Budget für Flyerwerbung einzusetzen.
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Fit von Budget und idealem Touchpoint-Mix: Welche Budgets stehen für die Touchpointbewirtschaftung zur Verfügung? Sind diese Budgets gross genug, um die Wirkungsschwelle zu überschreiten?
Kundenzentrierung maximieren, Komplexität reduzieren
Eine systematische und ganzheitliche Vorgehensweise ermöglicht es, Komplexität in der Transformation hin zu Customer Centricity zu reduzieren sowie diese im gesamten Unternehmen gezielt anzuvisieren und erfolgreich zu verankern. Die drei Stufen Denken – Messen – Steuern sind das Fundament für die massgebliche Verbesserung des aktuellen Performancezustands bei kundenorientierten Strategien und Kampagnen.